Das Bild zeigt einen Hund der Rasse Retriever

Assistenzhunde – vierbeinige Helfer im Alltag

Für immer mehr Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung sind sie treuer Freund, Begleiter, Helfer und nicht zuletzt auch Mitbewohner: Assistenzhunde. Das gilt auch für Menschen mit Conterganschädigung, die Hunde als Helfer zu schätzen wissen. Doch der Weg zu einem eigenen Assistenzhund ist lang – und teuer.

Assistenzhunde können die verschiedensten Aufgaben übernehmen: Türen öffnen, Gegenstände apportieren oder Hilfe holen. Bis das allerdings reibungslos funktioniert, vergeht eine Menge Zeit, denn Hund wie Halter müssen zunächst eine Art gemeinsamer Ausbildung durchlaufen. Das ist kostspielig und nicht jeder Hund eignet sich. Dabei gilt wie immer: Es muss passen.

Hedi Menge lebt mit einer Conterganschädigung. Ihr Hund Bobby ist schlau. Er hilft beim Wäschewaschen, kann Schubladen öffnen und im Notfall den Rettungsdienst rufen. Dann drückt der Vierbeiner auf ein Signalwort hin mit der Pfote einen Knopf auf dem Boden. So wird die Verbindung zum Roten Kreuz hergestellt. Wenn die Rettungskräfte anrücken und ein bestimmtes Signalwort rufen, öffnet Bobby ihnen die Tür und legt sich dann wieder still auf seine Decke. Job erst mal erledigt.

So habe Bobbys Vorgänger Shacky ihr schon mehrmals das Leben gerettet, erzählte seine Besitzerin im vergangenen Jahr der Berliner TAZ. Etwa, als sie einen allergischen Schock durch ein Medikament hatte

 

Für Menschen mit Conterganschädigung: der Allrounder-Hund

Bobby ist ein Assistenzhund – eine vor allem hierzulande geläufige Bezeichnung für Hunde, die in unterschiedlichem Maße Unterstützung für Menschen mit Behinderungen leisten. Die bekanntesten tierischen Helfer sind dabei immer noch die Blindenführhunde, gefolgt von so genannten Signalhunden, die Hörgeschädigten helfen oder medizinischen Signalhunden für Diabetiker. Sie können ihren Halter zum Beispiel bei Unterzuckerung warnen.

Für Menschen mit Conterganschädigung sind jedoch Assistenzhunde die passenden Allrounder. Sie sind darauf trainiert, kombinierte Hilfeleistungen zu erbringen und so Mobilitätseinschränkungen zu kompensieren. Beispielsweise können sie heruntergefallene Gegenstände aufheben, Türen öffnen oder Lichtschalter betätigen und natürlich apportieren.

Hedi Menge ist in mehrerlei Hinsicht eine Pionierin. Sie war in Deutschland nicht nur eine der ersten Menschen mit Conterganschädigung, die sich einen Assistenzhund anschaffte. Sie gründete 2012 in Berlin auch den Verein „Assistenzhundewelten e. V.“, weil sie andere behinderte Menschen bei der Anschaffung eines ausgebildeten Hundes unterstützen wollte. Inzwischen kümmern sich verschiedene Vereine und Initiativen um die Vermittlung und Schulung von Assistenzhunden. Hedi Menge weiß: Es gibt in dem Bereich leider auch schwarze Schafe, denn die Ausbildung ist nicht einheitlich geregelt. Nicht alle Schulungen laufen auf professionellem Niveau. Eine gründliche Prüfung ist für Interessierte daher im Vorfeld geboten.

Die behinderte Person sollte im Umgang mit dem Hund in jedem Fall gründlich geschult werden. Die meisten Ausbildungen enden mit einer Prüfung für Halter und Hund. Die Prüfungen müssen zwingend nachweisen, dass der Halter den Hund stets unter Kontrolle hat und dass der Hund die anfallenden Aufgaben jederzeit erledigt. Ist die Prüfung bestanden, gibt es keine geregelte Nachbetreuung. Es bleibt der Ausbildungseinrichtung sowie der hundehaltenden Person überlassen, ob und in welchem Umfang weiteres Training absolviert wird.

 

Der vierbeinige Freund als Hilfsmittel  

Zwischen 25.000 und 30.000 Euro kostet ein Assistenzhund bis zum Abschluss seiner Ausbildung, die wiederum etwa zwei Jahre andauert. Das klingt lange und nach viel Aufwand. Aber: Der passende Hund muss gefunden werden, seine Eignung wird eingehend geprüft und dann muss herausgefunden werden, ob Hund und Halter zusammenpassen. Erst dann kommt es zur Zusammenführung. Hund und Halter müssen sich schließlich eingehend aneinander gewöhnen, einander sehr gut kennen, um am Ende konfliktfrei zusammen zu leben. Ein zeitlicher Aufwand, der sich am Ende jedoch lohnt. Einfache Rechnung: Würde man dieselben Leistungen mit menschlicher Hilfe abdecken, müssten Betroffene und auch Hilfsdienste mehr als das Zehnfache aufwenden.

Verschiedene Behindertenverbände kämpfen daher für die Anerkennung von Hunden als  sogenannte Hilfsmittel und einheitliche Standards in der Hundeausbildung. Lediglich für Blindenführhunde gibt es solche gesetzlichen Richtlinien. Sobald Assistenzhunde als Hilfemittel – also de facto als Gegenstand – eingestuft werden, würde sich die gesetzliche Lage ändern. Darum können Krankenkassen bislang eine Kostenübernahme ablehnen, obwohl hier Potenzial für Einsparungen liegt.

 

Die Pfotenpiloten: Initiative für Assistenzhunde

In verschiedenen Bundesländern gibt es Vereine und Initiativen, die Betroffenen bei der Finanzierung der Hunde-Ausbildung helfen. Dabei wird im Vorfeld geprüft, ob eine Zusammenarbeit sinnvoll ist und sich lohnt. Andere Initiativen arbeiten an der Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und möchten Betroffenen so den Zugang zu einem Assistenzhund erleichtern – wie etwa die „Pfotenpiloten“.

Der gemeinnützige und unabhängige Verein mit Sitz in Frankfurt/Main bildet selbst keine Assistenzhunde aus. Jedoch setzt er sich insgesamt für bessere Grundlagen und nachhaltige Strukturen ein. „Die so geschaffenen Fundamente werden es Menschen mit chronischer Beeinträchtigung in naher Zukunft viel leichter machen, mit einem Assistenzhund in eine neue Mobilität durchzustarten“, so das Selbstverständnis des Vereins.

LINK:

Die Pfotenpiloten